Betreuungshelfer (durch Betreuungsweisung in Form einer Erziehungsmaßregel)

Rechtsgrundlage ist die Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 SGB VIII i.V.m. § 30 SGB VIII i.V.m. § 10, 12 JGG und § 36 SGB VIII.

Angebotsbeschreibung

Das Jugendgericht kann gemäß § 10 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 Jugendgerichtsgesetz (JGG) oder § 12 Nr. 1 JGG straffällig gewordenen jugendlichen oder heranwachsenden jungen Menschen (zwischen 14 und 21 Jahren) die Weisung erteilen, sich der Betreuung und Aufsicht einer bestimmten Person (Betreuungshelfer) zu unterstellen oder dem Jugendlichen nach Anhörung des Jugendamts auferlegen, eine Hilfe zur Erziehung im Sinne des § 30 SGB VIII in Anspruch zu nehmen.

Bei der Betreuungsweisung handelt es sich um keine freiwillige Erziehungshilfe, sondern um eine vom Richter auferlegte Maßnahme zur Erziehung mit Sanktionscharakter, die inhaltlich mit der Jugendgerichtshilfe ausformuliert wird.

Die Betreuungsweisung ist eine befristete Maßnahme, deren Ziele in einer Zielvereinbarung im Einzelfall erarbeitet werden und bei der der Familien- und Umweltbezug nur nachrangig zum Tragen kommt. Sie schafft ein vertrauensvolles Verhältnis mit einem Schutzraum in Abgrenzung von Gericht und Jugendamt zur erhöhten Vertrautheit für Jugendliche.

Bedingungen:

  • der oder die zu betreuende Jugendliche hat mindestens eine Straftat begangen
  • es bestehen konkret benennbare Umstände in der Person oder im Umfeld des jungen Menschen, die überdurchschnittliche Schwierigkeiten bei der Normbefolgung begründen können.
  • Eine Einzelbetreuung erscheint angemessen (ansonsten sog. Trainingskurs/ Diversion)

Die Durchführung der Maßnahme umfasst alle Bereiche des Lebens und somit kommt eine systemische Sichtweise in der Fallarbeit zum Tragen. Die Probleme werden lösungsorientiert mit dem Klienten bearbeitet, so dass diese zu einem eigenverantwortlichen, selbstständigen und straffreiem Leben befähigt werden. Insbesondere interkulturelle Kontexte und Stolpersteine werden identifiziert und aufgearbeitet.

 

Zielgruppe/Indikation

  • Jugendliche und junge Erwachsene mit einer Weisung nach dem JGG
  • Deliktspezifisch kann sich die Betreuung unterscheiden (Drogen, Diebstahl, Körperverletzung etc.)
  • Die Betreuungsweisung erstreckt sich über einen Zeitraum von 6 bis 12 Monaten. Eine Verlängerung über die jugendgerichtliche Weisung ist möglich, wenn der Jugendliche dies wünscht und weiterer Betreuungsbedarf vorhanden ist. Die Einzelbetreuung findet somit in einem 1:1 Kontakt statt.
  • Insbesondere, wenn offensichtliche erzieherische Defizite in Veranlassung zur Straftat erkennbar sind, kann die Anordnung der Betreuungsweisung durch den Jugendrichter erfolgen.

Ziele

  • Im Sinne des JGG Bearbeitung jugendtypischer Deliktsprobleme mit dem Ziel der Unterstützung bei Problemsituationen.
  • Allgemeines Ziel der Betreuungsweisungen ist es, den Jugendlichen zu befähigen, künftig ein eigenverantwortliches, stabiles und straffreies Leben führen zu können.
  • Oft weisen straffällig gewordene Jugendliche in der Entwicklung grundlegender sozialer und emotionaler Fähigkeiten große Defizite auf. Häufig befinden sie sich in ungeklärten und turbulenten Lebenslagen, haben den Überblick verloren, fühlen sich ohnmächtig und sind nicht in der Lage, ihren Alltag zu strukturieren oder gar einen Lebensplan zu entwerfen. Zudem können interkulturelle Kontexte und Stolpersteine negative Wirkungen zeigen. Zur Bearbeitung dieser Bereiche sind sie häufig auf Unterstützung und Beratung angewiesen. Die ungünstigen sozialen Bedingungen, die zur Straftat führten, z.B. Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit der Probanden oder ausgeprägte interkulturelle Problemstellungen, können innerhalb der Betreuungsweisung bearbeitet werden. Gerade die Vermittlung von ganz konkreten lebenspraktischen Hilfen hat sich innerhalb der Betreuungsweisung bewährt. Fehltritte werden aufgearbeitet, aus begangenen Fehlern wird gelernt. Insgesamt werden eine Stabilisierung des Umfelds und eine allgemeine Verbesserung der Lebenslage angestrebt.
  • Ziel ist es vor allem, die Verhinderung zukünftiger Delikte zu gewährleisten. Dafür werden gemeinsam mit dem Klienten Zielperspektiven erarbeitet und diese, Schritt für Schritt in die Realität umgesetzt. Dies beinhaltet auch, die Jugendlichen und Heranwachsenden motivierend zu begleiten, damit das anvisierte Ziel erreicht wird.

 

Beschreibung der Leistung

  • Auftragsschwerpunkte, Ziele, Dauer, Betreuungsintensität und Methoden werden in der Zielvereinbarung festgehalten und aktualisiert und nach Bedarf angepasst
  • Die Häufigkeit der Kontakte zwischen dem straffällig gewordenen Jugendlichen und dem Betreuungshelfer richtet sich nach der Problemlage, die er/sie mitbringt – in enger Absprache mit der Jugendgerichtshilfe. In der Regel finden die Kontakte mindestens einmal wöchentlich statt und sind entweder aufsuchend oder finden im MIGRApolis Haus der Vielfalt statt
  • Die Dauer der Maßnahme beträgt in der Regel sechs bis zwölf Monate.
  • Anwendung eines systemischen Ansatzes (d.h. Einbeziehung des gesamten sozialen Umfeldes in den Betreuungsprozess)
  • Alltags- und Lebensweltorientierung (d.h. das Problem und die Lebensweise bestimmen die Vorgehensweise)
  • Rückmeldung über die eigenen Stärken und Schwächen zur realitätsbezogenen Selbsteinschätzung des jungen Menschen
  • Reflexion und Planung zu aktuellen Fragen der Lebensgestaltung mit dem Ziel der Erweiterung persönlicher Kompetenzen (u. a. Umgang mit Suchtmitteln, Gewalt und Gewalterfahrungen)
  • Planung gemeinsamer Aktivitäten zur Integration des jungen Menschen in sein Lebensumfeld
  • Kultursensible Bearbeitung der Familiensituation und sozialer Netzwerke
  • Überwiegend Hausbesuche, Einbeziehung des Lebensumfeldes und der Ressourcen des Stadtteils, aufsuchende und begleitend unterstützende Arbeit auch in der Kooperation mit Institutionen (z. B. Schulen, Freizeiteinrichtungen)
  • Unterstützung bei der Bewältigung individueller und familiärer Krisensituationen vor dem Hintergrund des riskanten oder abhängigen Konsumverhaltens, der Nicht- Stoffgebundenen Sucht bzw. der weiteren psychischen Störung des Jugendlichen/ Heranwachsenden
  • Fallbezogene Vernetzungsarbeit mit den Institutionen und Einrichtungen, in denen der Jugendliche/ Heranwachsende eingebunden ist und gefördert wird
  • Ressourcen und lösungsorientiertes Arbeiten
  • Erlebnispädagogische Maßnahmen (z.B. Besuch von Kletterparks oder waldpädagogische Maßnahmen)
  • Bei Bedarf kann eine Anschlussmaßnahme durchgeführt werden, beispielsweise eine Erziehungsbeistandschaft
  • Einbindung in Veranstaltungen und Integrationsprojekte im MIGRApolis Haus der Vielfalt

Voraussetzung für diese Hilfe ist die Mitwirkung bzw. Bereitschaft des jungen Menschen.

 

Besonderheiten

  • Deutschsprachige sozialpädagogische Fachkräfte mit teils eigenem Migrationshintergrund
  • Qualifizierten Zusatzausbildungen und
  • Sprachkenntnissen in Arabisch, Kurdisch, Persisch, Türkisch, Spanisch, Russisch, Polnisch, Portugiesisch, Englisch und Französisch
  • In Abstimmung mit dem Fachdienst für Familien und Erziehungshilfen kann im Einzelfall zur sprachlichen und kulturellen Unterstützung der Hilfe auf nichtfachliche Muttersprachler (interkulturell qualifizierte Ergänzungskräfte) zurückgegriffen werden.

 

Qualitätssicherung

Gemäß Qualitätsentwicklungsvereinbarung mit dem Amt für Kinder, Jugend und Familie der Bundesstadt Bonn

  • regelmäßige Supervisionen, Teamsitzungen, Fort- und Weiterbildung
  • die Erstellung und Durchführung des Hilfe- und Betreuungsplans
  • Praxisberatung, regelmäßige Dokumentation der Entwicklung und Evaluation der geleisteten Erziehungshilfen

Das BIM e.V. ist eingebunden in das kommunale Qualitätsmanagement für Erziehungshilfen. Dazu gehören die Sozialraumteams, der Wirkungsdialog, die Trägerkonferenzen (Arbeitsgemeinschaft § 78 SGB VIII) und die Fachtagung „Erziehungshilfetag Bonn“.

Dadurch wird ein hoher fachlicher Standard gesichert. Die Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern wird stetig weiterentwickelt und ermöglicht eine Optimierung der interkulturellen pädagogischen Angebote.